Rezensionsexemplar bekommen | Werbung
Lasst uns die Geheimnisse von Ludwig II. mit Hilfe der Memoiren eines Pferdes lösen! Wenn ein satirischer Autor eine Graphic Novel mit historischen Bezügen schreibt, dann treibt das Leser:innen in den Wahnsinn. Im Leistungskurs Geschichte und auch im späteren Geschichtsstudium ist mir der König von Bayern Ludwig II. mehrfach begegnet. In der deutschen Geschichte ist dieser König fest verankert.
Ludwig II. ist für die mit Touristen befüllten Busse verantwortlich, die jedes Jahr zu Schloss Neuschwanstein fahren. Viele Amerikaner und Asiaten machen eine Tour durch Deutschland, halten an diesem beliebten Haltepunkt und tragen am Ende mit Stolz ihre T-Shirt-Souvenirs während der Besteigung des Kölner Doms. Kein Witz, ich habe keinen Monat in Köln gelebt, da sah ich eine Reisegruppe und ein Tourist trug ein hässliches T-Shirt mit verschiedenen Wahrzeichen von Deutschland darauf.
Das Buch „Mein Leben unter Ludwig II.: Memoiren eines Leibreitpferdes“* erscheint am 20.07.2021 im Rowohlt Verlag. Ich habe für diesen Artikel vorab ein digitales Rezensionsexemplar bekommen. Jedoch hat niemand Einfluss auf diesen Artikel genommen und wird es auch nicht.
Über den Autor
Miguel Robitzky ist vielen Menschen bekannt aus dem ZDF Magazin Royale mit Jan Böhmermann. Er arbeitet dort nicht nur als Autor sondern ist in einigen wiederkehrenden Formaten auch vor der Kamera zu sehen. Er ist ein begnadeter Karikaturist, der unter anderem in der Titanic, DWDL, VICE, NEO Magazin Royale und Circus HalliGalli veröffentlichte. Ich folge dem Autor schon lange bei Instagram, Twitter und habe mich für diesen Artikel auf seiner Website intensiver mit ihm beschäftigt.
Die etwas andere Graphic Novel
Die Geschichte
Die Graphic Novel erzählt die Geschichte des Leibreitpferdes Cosa Rara, welches das besondere Privileg bekommt dem König von Bayern Ludwig II. zu dienen. Es beginnt seinen Dienst im Jahr 1869 am Schloss Hohenschwangau und beendet diesen 1886 am Würmsee. Cosa Rara begleitet Ludwig II. durch seine schwierigsten Zeiten und versucht diesen mit all ihrer Erfahrung zu einem bedeutenden König aufzubauen.
Die Geschichte basiert laut dem Autor auf den Memoiren des Leibreitpferdes. Am Ende des Buchs gibt es ein Foto von einem ausgestopften Pferd aus dem Marstallmuseum. Das Gemälde mit dem Pferd, welches an einer gedeckten Tafel isst und eine heruntergefallene Vase auf dem Boden liegt, gibt es wirklich. In der Graphic Novel wurde diese Szene, wie viele andere historische Momente, wie die Kaiserproklamation in Versailles 1871, aufgenommen und mit den Memoiren des Pferdes zum Leben erweckt.
Ich habe sämtliche Quellen aus dem Buch überprüft, um hier nicht versehentlich einen nicht verstandenen Gag aus der Graphic Novel als historische Wahrheit nachzuzeichnen. Ich hoffe sehr, dass mir dies gelungen ist, denn immerhin soll diese Rezension doch vom Autor gelesen werden.
Der Stil
Die Zeichnungen sind abwechslungsreich, passen sich den Zeitsprüngen in der Geschichte an und transportieren perfekt die Stimmung der jeweiligen Szenen. Ich habe die Geschichte in einem Rutsch durchgelesen, weil ich mich optimal unterhalten fühlte und die Geschichte mich gefesselt hat.
Am Anfang war ich etwas enttäuscht von den Grafiken innerhalb der Graphic Novel, weil ich diese im Stil des Covers erwartet hatte. Es beginnt mit Schwarz-Weiß-Zeichnungen, die mi farblichen Akzenten für die Hervorhebung von gewissen Elementen spielen und endet mit bunten Bildern im Stil des Covers. Mir ist dieser Prozess in den Bildern erst gar nicht aufgefallen, doch interessierte Leser:innen werden am Ende die Quellenangaben nochmal überprüfen, denn in der Grapic Novel werden viele historische Zitate verwendet, die wir am Ende in einem Quellenverzeichnis präsentiert bekommen.
Der Humor
Thomas Gottschalk fungiert als Manager von Cosa Rara. Dieses Beispiel soll allerdings nicht aussagen, dass hier die moderne Popkultur mit den historischen Ereignissen plump kombiniert wurde. Es gibt Szenen in der Geschichte, da wird die „Vierte Wand“ durchbrochen. Ich liebe diese Momente in einem Comic oder einer Graphic Novel.
Ich verzeihe dem Autor auch die Spitzen gegen Comic-Leser:innen, wenn es um die Kenntnisse über die Masturbation geht. Auf den ersten Seiten wird der aktuelle Umgang mit dem Genre „Graphic Novel“ kurz beleuchtet und ich möchte hier nicht zu viel vorwegnehmen, doch es ist schon was wahres dran.
Ich mag es, wenn historische Personen und Ereignisse in einer Graphic Novel verarbeitet werden, auch wenn diese sich jetzt nicht immer mit den realen Ereignissen beschäftigt. Eigentlich bin ich Ziel seiner kleinen Kritik, denn ich bin noch immer begeistert von den Graphic Novels über Charlie Chaplin oder Johnny Cash.
Der heimliche Star der Graphic Novel
Ich musste bei den Auftritten von Prof. Dr. Hubert Fußnoté sehr lachen. Eine lebendig gewordene Fußbote ordnet die Ausbrüche des Autors und die Geschehnisse der Geschichte amüsant ein.
Ein großartiges Stilmittel, welches in dieser Interpretation eines Comics, kaum genutzt wird. Es gibt schon immer echte Fußnoten mit Bezug auf Ereignisse oder auch anderen Comic-Bänden, aber eine Fußnote mit Charakter und Gesicht habe ich seit Karl Klammer aus dem Hause Windows nicht mehr gesehen, dessen Comeback in den Windows-Produkten übrigens vor wenigen Tagen bestätigt wurde. Dies war damit kein Versuch eines billigen Gags, aber habe gerade die entsprechende Meldung darüber hier gelesen.
Gag-Autor mit Ausflug in die Comic-Welt
Sorry, aber die Zwischenüberschrift musste sein. Der Unterschied zwischen einer Graphic Novel und einem Comic soll bekanntlich daraus bestehen, dass eine Graphic Novel einen höheren literarischen Stellenwert haben soll, welcher einem klassischen Roman aus der Belletristik näher kommt. Diese kleine Grenze verschwimmt seit Jahren, weil es bei komplexen und imposanten Geschichten kaum noch Unterschiede gibt, auch wenn DC Comics oder Panini Comics dies gerne noch irgendwo vermerken, weil es für viele Leser:innen dann hochwertiger klingt, wenn Graphic Novel drauf steht.
Miguel Robitzky hat eine sehr gute Graphic Novel geschrieben. Die Mischung aus Humor und historischen Schilderungen hat mich als Fan der Geschichte begeistert. Ich habe seinen Humor in diesem Buch wiedererkannt, da ich seine Handschrift aus dem TV und den sozialen Netzwerken bereits kannte. Dies finde ich bei einem Autoren, der seine Tweets nun in Comics unterbringt, schon wichtig. Es würde mich sehr freuen, wenn ich den Geschichtsunterricht bei Prof. Dr. Hubert Fußnoté schon bald erneut besuchen dürfte.
Es gibt noch genug Pferde, Hunde, Vögel und Tiger mit großen Geheimnissen historischer Persönlichkeiten, die es aufzudecken gibt. Ich möchte keine all zu großen Spoiler hier einbauen, aber dieser Roman klärt eines der größten Rätsel rund um König Ludwig II. auf.
Fazit
Ich habe im Vorfeld sehr viele Lobeshymnen auf dieses Buch gelesen, weil ich der Bubble von Miguel Robitzky im Social Media folge. Natürlich machen seine Kolleg:innen und Freund:innen seit Wochen viel Werbung für das Buch. Dies hätte ich mir von meinen Freunden für mein erstes Buch* übrigens auch gewünscht.
Ich habe mehrfach laut lachen müssen, konnte das Buch nicht weg legen und das sind Anzeichen für eine absolute Punktlandung. Treue Leser:innen dieses Blogs werden erkennen, dass ich bislang kaum vergleichbares gelesen habe.
Mich haben vor allem die inneren Kämpfe von Ludwig II. begeistert, wenn er mit Statuen und Geistern spricht. Wenn Wahnvorstellungen und völlig abgedrehte Gedankenspiele in fesselnden Zeichnungen festgehalten werden, dann bekommt mich so eine Geschichte. Übrigens ist Ludwig II. unglaublich gut getroffen. Auch hier musste ich mit Wikipedia und Google auf Nummer sicher gegen.
Bildquelle: Amazon* | *= Affiliate-Links